Corona im St. Josefs-Stift: Aktuelle Lage im März 2021

Covid Zero: Null Infizierte im März nach dem Ausbruch mit 84 Erkrankten

Besuchsverbote, Maskenpflicht, Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, mehrmals wöchentliche Schnelltests für die Mitarbeitenden: Ein Jahr lang hat auch das St. Josefs-Stift mit strengen Maßnahmen – teils behördlich oder staatlich angeordnet, teils zum eigenen Schutz – gegen das Corona-Virus gekämpft. Ende Januar 2021 dann, die Impfung schon fast in greifbarer Nähe, war sie doch für den 27. Dezember 2020 bereits angekündigt und dann doch abgesagt worden: Zwei positive Schnelltests bei Bewohnern mit Erkältungssymptomen. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Ein Rückblick im März 2021. Eines dürfen wir vorneweg nehmen: Seit 4. März gilt Covid Zero im St. Josefs-Stift. Niemand ist mehr infiziert.

Januar 2021: Zwei positive Schnelltests in einer Wohngruppe des St. Josef-Stifts in Eisingen. Das ist der Anfang einer Krise, die die Einrichtung und alle Menschen, die mit ihr verbunden sind, noch lange prägen und zwei Bewohnern das Leben kosten wird. Sofort nach Bekanntwerden der Verdachtsfälle werden weitere Tests bei Mitbewohner*innen und Mitarbeitenden anberaumt. Das Gesundheitsamt wird informiert und ordnet erste Reihentestungen mittels PCR-Test an. Am nächsten Morgen die Nachricht: In einer weiteren Wohngruppe klagen mehrere Bewohner*innen über Erkältungssymptome. Auch hier wird sofort getestet: Positiv.

Sofort greifen im St. Josefs-Stift in Eisingen umfassende Maßnahmen: Werkstatt, Notbetreuung in der Förderstätte, Kantine und Kiosk werden mit sofortiger Wirkung geschlossen. Das Gesundheitsamt legt ein Besuchsverbot für das gesamte Stift auf. „Wir haben monatelang dafür gekämpft, so eine Situation nicht erleben zu müssen und unsere Bewohner*innen zu schützen“, erinnert sich Geschäftsführer Marco Warnhoff.

Dorfähnliche Struktur und Nähe der Pflege begünstigt Ausbreitung

„Als der erste positive Test dann da war, war uns klar: Wir müssen sofort handeln. Die dorfähnliche Struktur unserer Einrichtung, die vielen Kontakte auf relativ engem Raum machen es dem Virus leicht, sich zu verbreiten“, so Warnhoff. Dazu kommt: Assistenz und Pflege setzen Nähe voraus. „Wir mussten alles uns Mögliche tun, um das Schlimmste zu verhindern. Viele unserer Klient*innen würden eine Infektion aufgrund ihrer Behinderung, ihres Alters oder ihrer Vorerkrankungen nicht so einfach wegstecken.

“Das konsequente Handeln ist notwendig: Innerhalb von 48 Stunden sind die Infektionszahlen bereits zweistellig, auch wenn sie sich bisher auf Bewohner*innen von drei betroffenen Gruppen beschränken. Damit beginnen endgültig groß angelegte Testungen durch das Gesundheitsamt. Am Freitag, 29. Januar, werden mehrere hundert Personen in Eisingen und Umgebung getestet. Das Ergebnis liegt am Sonntagabend vor: Insgesamt haben sich 56 Menschen im St. Josefs-Stift mit dem Corona-Virus infiziert, das Virus hat sich seinen Weg auch bereichsübergreifend gesucht.

Zur Sorge um die Bewohner*innen kommt massiver Personalmangel

Einige Gruppen hat es dabei nahezu vollständig getroffen: Fast alle Bewohner*innen, nach einigen Tagen auch die Mitarbeitenden, die in den Schnelltests an den vorherigen Tagen noch allesamt negativ waren, sind dort infiziert. Damit ergibt sich ein neues Problem. Zahlreiche Mitarbeitende, ob jung oder nicht mehr ganz so jung, zeigen ebenso wie die Bewohner*innen grippeähnliche Symptome. Arbeiten ausgeschlossen. Andere fühlen sich fit und wollen arbeiten, dürfen aber nicht, auch nicht auf den Gruppen, in denen ohnehin alle anderen auch infiziert sind. Hier werden Ausnahmegenehmigungen im Einzelfall erkämpft.

„Wir haben uns im wahrsten Sinne des Wortes Tag und Nacht dafür eingesetzt, Unterstützung in dieser Situation zu bekommen: Durch zusätzliches Personal aus unserem eigenen Verbund und aus befreundeten Einrichtungen, durch die Sanitäter*innen der Hilfsdienste und der Bundeswehr, und schlussendlich auch durch die lange versprochenen Impfungen“, resümiert Warnhoff. Denn: Noch ist das Virus nicht in den Wohnpflegegruppen angelangt, deren Bewohner*innen aufgrund ihrer körperlichen Verfassung am stärksten gefährdet sind.

Quarantäne, Reihentestung und Einsatz der Bundeswehr

Mit unnachgiebiger Konsequenz kämpfen Geschäftsleitung und Leitungsteam des St. Josefs-Stift. Ein Besuch von Landrat Thomas Eberth macht klar, dass unverzüglich gehandelt werden muss. Auch Menschen mit Behinderung sind in der Corona-Pandemie überdurchschnittlich stark gefährdet. Insbesondere im St. Josefs-Stift, wo viele Menschen mit hohem Assistenzbedarf leben. Um sie zu schützen, ergreifen Stift und Behörden folgende Maßnahmen:

  • Mehrmals wöchentlich werden hunderte Menschen im Stift vom Gesundheitsamt PCR-getestet, um neue Infektionen sofort zu erkennen und eingrenzen zu können.
  • Eine Quarantänegruppe wird in einer Wohngruppe eingerichtet, die zufällig seit November leer steht. Hier können sich Bewohner*innen, die als einzige auf ihren Gruppen betroffen sind, von der Infektion erholen – ohne, dass sich ihre Mitbewohner*innen anstecken können.
  • Sanitäter*innen der Bundeswehr und der Hilfsdienste – mehr dazu lesen Sie auf Seite 8-9 – unterstützen auf den betroffenen Wohngruppen. Kolleg*innen aus anderen Bereichen springen in den Quarantänegruppen ein, um die Betreuung und Versorgung der Bewohner*innen sicherzustellen.
  • Weitere Bundeswehrsoldat*innen sind auf der internen Teststrecke – mehr dazu auf Seite 10 – und in der Verwaltung im Einsatz. Dort ist ihre Unterstützung bei der Abwicklung der endlich anlaufenden Impfungen gefragt, die einen enormen Verwaltungsaufwand bedeuten.
  • Am 3. Februar 2021 beginnen die lang ersehnten Impfungen, zunächst in Kitzingen und der Region Untermain (Aschaffenburg und Hösbach) sowie in den Außenwohngruppen um Eisingen herum. Einen Bericht der Wohngemeinschaft in Hettstadt lesen Sie auf Seite 11.
  • In den darauffolgenden zwei Wochen wird auch im Stift in Eisingen endlich geimpft. Bis spätestens 16. März 2021 sollen alle Bewohner*innen des St. Josefs-Stifts, die dies wollten, ihre zweite Impfung erhalten.

Auch, wenn die Infektionszahlen noch bis auf 84 infizierte Personen steigen sollen: So schnell, wie das Virus ausgebrochen war, so schnell konnte die Verbreitung glücklicherweise eingedämmt werden. „Wir hatten eine hohe Zahl an Infizierten innerhalb kurzer Zeit. Das bedeutete aber auch: Innerhalb von 14 Tagen nach dem Ausbruch waren die meisten Bewohner*innen und Mitarbeitenden bereits wieder auf dem Weg der Besserung“, zeigt sich Warnhoff dankbar. Am Donnerstag, 4. März, ist auch der letzte infizierte Bewohner wieder negativ: Covid zero im St. Josefs-Stift – null Infektionen in der Einrichtung nach wochenlangem Bangen.

Das schnelle Eingrenzen der Infektionen sei nur möglich gewesen, weil alle über die Grenzen der eigenen Kräfte hinaus an der Eindämmung des Ausbruchs gearbeitet hätten, so die Einschätzung des Geschäftsführers. „Was unsere Mitarbeitenden und auch die Bewohner*innen in den vergangenen Wochen geleistet und ertragen haben, ist nahezu unvorstellbar. Dass wir diesen massiven Ausbruch in relativ kurzer Zeit unter Kontrolle bringen konnten, war nur durch die gemeinsame Anstrengung aller Menschen im Stift und im gesamten Unternehmensverbund, sowie durch die großartige Hilfe von außen möglich“, blickt Warnhoff auf die vergangenen Wochen zurück.

Robert Brand und Johann Ried versterben im Krankenhaus

Doch bei aller Erleichterung bleibt auch die Trauer um Robert Brand und Johann Ried. Die beiden Bewohner der Gruppe 143 sind an den Folgen der Corona-Infektion gestorben. Alle weiteren Bewohner*innen und Mitarbeitenden mit schwerem Verlauf konnten inzwischen aus der Klinik entlassen werden. Geschäftsführer Marco Warnhoff: „Der Tod von Robert Brand und Johann Ried hat uns alle schwer getroffen. Wir alle kannten sie, wir alle schätzten sie, wir alle vermissen sie schmerzlich. Unsere Gedanken und Gebete sind bei ihnen und ihren Angehörigen.“

Wir halten Robert Brand und Johann Ried in unserer Erinnerung als die wunderbaren Menschen, die sie waren.

Ihr Tod ist Mahnmal, dass Menschen mit Behinderung nicht wieder und wieder vergessen werden dürfen.

Schon gar nicht in einer globalen Pandemie.